Blätter, die Geschichte schrieben
Caspar Bauhin (1560–1624) war wohl der bekannteste Botaniker seiner Zeit. Er sammelte Pflanzen aus aller Welt und setzte neue Massstäbe für die Botanik, die bis heute nachwirken. Er machte es sich zur Lebensaufgabe, die rasch anwachsende Vielfalt der Pflanzen zu sammeln und systematisch zu ordnen. 1598 wurde Bauhin von der Universität Basel zum ersten Professor für Anatomie und Botanik berufen. Er gründete den botanischen Universitätsgarten und etablierte botanische Exkursionen in der Region. Das Departement Umweltwissenschaften, die Basler Botanische Gesellschaft und die UB Basel widmeten ihm zum 400. Todestag eine Ausstellung.

Eine Knolle aus den Anden
«Solanum tuberosum esculentum» oder «essbarer knolliger Nachtschatten»: Die Kartoffelpflanze ist wohl der berühmteste Beleg aus dem Herbar von Caspar Bauhin. Auf das Jahr 1596 datiert, handelt es sich um die älteste herbarisierte Kartoffelpflanze der Welt. Bauhin zog sie im Universitätsgarten auf und war der erste, der diese Pflanzenart wissenschaftlich beschrieb. Wie und wann die Kartoffelpflanze nach Basel kam, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Gewiss ist, dass sie eine weite Reise hinter sich hatte. In den Hochanden wurde sie bereits vor über 6000 Jahren kultiviert. Spanische Konquistadoren oder englische Seeleute verfrachteten sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Europa. Zunächst wurde sie als Tierfutter verwendet oder als Zierpflanze gehalten. Es dauerte mehr als 200 Jahre, bis Kartoffeln, den Hungersnöten geschuldet, als Nahrungsmittel eingesetzt wurden.
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Solanum tuberosum esculentum
Herbarium Caspar Bauhin (1560–1624), Herbarien Basel, Universität Basel
Beleg BAS-B15-075.1
Bauhinia monandra

Die Pflanze wurde vom Botaniker Carl von Linné (1707–1778) nach Caspar und seinem Bruder Johann Bauhin (1541–1613) benannt – Mediziner und Botaniker auch er. Damit würdigte er Caspar Bauhins Bedeutung als Wegbereiter der wissenschaftlichen Botanik. Seine Leistung war eine Voraussetzung für die Weiterentwicklung der pflanzlichen Taxonomie und Systematik durch Carl von Linné.
![Kopfsalat. Lactuca sativa L. [Bauhin: Lactuca intybacea crispa].](/fileadmin/user_upload/universitaetsbibliothek/Universitaetsbibliothek/6_UeberUns/Publikationen/Bookmark25/UBB_Bauhin_Herbarbelege_Kopfsalat_bearb.jpg?1749631091)
Pinax Theatri Botanici
In seinem 1623 erschienenen Hauptwerk verzeichnete Bauhin sämtliche damals bekannte Pflanzenarten; es sind über 5600. Bei den einzelnen Arten steht eine vollständige Synonymie-Liste, wodurch die damalige babylonische Verwirrung bei der Benennung von Pflanzenarten überwunden wurde. Er verwies auf frühere Autoren, welche unterschiedliche Bezeichnungen verwendeten, und gab allen Arten einen neuen, diagnostisch prägnanten Namen. Seine Nomenklatur war ein bahnbrechender Fortschritt, weil er die Namen hierarchisch strukturierte: Das erste Wort entsprach einer Gattung, die weiteren Wörter diagnostizierten die Art. Auch seine Artbezeichnungen waren hierarchisch strukturiert.
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Kopfsalat. Lactuca sativa L. [Bauhin: Lactuca intybacea crispa].
Herbarium Caspar Bauhin (1560–1624), Herbarien Basel, Universität Basel
Beleg BAS-B20-015

Lokale Pflanzenwelt
Während den warmen Monaten unternahm Bauhin zusammen mit seinen Studenten Exkursionen in die Region Basel, um die lokale Pflanzenwelt zu untersuchen. Daraus entstand 1622 die Veröffentlichung einer der ersten Lokalfloren weltweit, des «Catalogus Plantarum circa Basileam sponte nascentium». Darin enthalten sind Namen, Synonyma, Lebensräume und Fundorte von über 1000 verschiedenen Pflanzenarten, die rund um Basel zu finden sind. Mit seinem Catalogus schuf er die Basis für die floristische Erforschung der Region und ihrer Veränderungen bis zum heutigen Tag.
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Berg-Steinkraut (Alyssum montanum L.)
Eine sehr seltene Pfl anze aus dem Nordrand des Jura,
zuerst entdeckt von Caspar Bauhin bei Pfeffi ngen, BL

Im Schatten von Felix Platter
Als Mediziner stand Caspar Bauhin im Schatten des berühmten Stadtarztes und Anatomen Felix Platter (1536–1614). Begleitend zur Ausstellung über Bauhin als Botaniker wurden in der Bibliotheksvitrine im Historischen Museums Basel Werke von Bauhin gezeigt, die seine Leistungen als Mediziner dokumentieren. Als erster Inhaber des Basler Lehrstuhls für Anatomie verfasste er Lehrbücher zur Anatomie und Pharmazie. Nach dem Tod seines Lehrers Felix Platter trat er dessen Professur für praktische Medizin und das Amt als Stadtarzt an. Bei einer von ihm vorgenommenen Sektion einer menschlichen Leiche beschrieb Bauhin als erster die Klappe zwischen Dünn- und Dickdarm. Diese Entdeckung ist bis heute mit seinem Namen verbunden: Die sogenannte «Ileozökalklappe», oder gängiger, die «Bauhinsche Klappe».
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Caspar Bauhin, Vivae imagines (= Tafelteil des Werkes «Theatrum anatomicum»), 2. Aufl age, Frankfurt 1640 Signatur UBH Lb III 5a:2 S. 77: Darstellung der Hohlvenen und der Pfortader